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Lektion 339 - Dein gewähltes Ideal

Von: Yogani
Datum: 18.06.2009

Neue Besucher: Es wird empfohlen, das Archiv von Anfang an zu lesen, da die vorherigen Lektionen die Voraussetzung für diese Lektion sind. Die erste Lektion lautet: "Warum diese Erörterung?"

Traditionell wird Bhakti als Liebe zu Gott betrachtet, was sie normalerweise in den Bereich der Religion einordnet. Das ist gut und schön, aber es gibt auch eine andere Seite von Bhakti, die nicht unbedingt religiös ist. Bhakti kann auch als spirituell angesehen werden, ohne dass es eine religiöse Zugehörigkeit gibt.

Es gibt viele Formen von Bhakti, so viele wie es gewählte Ideale und Eigenschaften gibt, die wir uns vorstellen können. Unbegrenzt! Wir werden hier nicht näher auf die bekannten traditionellen Ausdrucksformen von Bhakti eingehen. Das ist das Gebiet der Religionen. Für diejenigen, die es lieben, in ihrer religiösen Tradition zu beten, ist das sehr gut. Für diejenigen, die nicht in diese Richtung tendieren, ist das nicht das Ende von Bhakti. Yoga und spirituelle Entwicklung können sehr gut mit oder ohne traditionelle Anbetungsformen voranschreiten. Es kann so oder so funktionieren, oder auf beide Arten.

Gezielte Sehnsucht ist der wesentliche Bestandteil jeder spirituellen Praxis. Es ist Bhakti, die uns jeden Tag zu unserem Meditationssitz bringt. Dann favorisieren wir leichtgängig den Ablauf unserer Praxis. Die täglichen Yogapraktiken sind so angelegt, dass sie uns im Laufe der Zeit immer weiter öffnen. Dann haben wir ein sich ständig reinigendes und öffnendes Nervensystem, eine wachsende Sehnsucht nach Wahrheit und Erleuchtung, und wir streben immer danach, die nächste Stufe der Entfaltung zu erreichen.

Unser sich ständig weiterentwickelndes Ideal ist das, was diesen Prozess immer mehr vorantreibt.

Wir wissen zwar, dass Sehnsucht zum Handeln führt, aber wir wissen auch, dass Sehnsucht, die auf sich allein gestellt ist, ohne eine zugrundeliegende Vision, uns gleichzeitig in viele Richtungen zieht. Unsere Emotionen sind ein mächtiger Treibstoff, aber wenn sie keinen verlässlichen Kanal haben, um sich durch Sehnsucht auszudrücken, wird nicht viel Gutes dabei herauskommen. Auch der Geist ist daran beteiligt, denn es sind unsere Emotionen, die sich in Form von Sehnsüchten ausdrücken, die den Geist informieren. Von dort aus geht es dann weiter zum Handeln. Alles beginnt also damit, wie wir unsere Gefühle ausrichten. Es geht darum, was wir mit unserer emotionalen Energie favorisieren. Sehnsucht ist immer auf der Suche nach mehr, und es liegt an uns, dieses Mehr in Form einer inspirierten Vision, unserem gewählten Ideal, bereitzustellen.

Wir haben das Wort "Vision" verwendet, um den Kanal für die Sehnsucht zu beschreiben, der zum Handeln führt. Das bedeutet, dass die Sehnsucht durch eine feste Linse fokussiert werden kann. Theoretisch ist das zwar richtig, vor allem bei weltlichen Unternehmungen, aber es ist eine zu starke Vereinfachung, wenn wir den viel breiteren Bereich der spirituellen Transformation des Menschen betrachten. In diesem Fall geht es nicht um ein bestimmtes materielles Ergebnis, sondern um die Reinigung und Öffnung des menschlichen Nervensystems, damit es sein volles Potenzial entfalten kann.

Wenn wir einen systematischen Ansatz für Bhakti, die Kultivierung der unendlichen Sehnsucht nach spiritueller Verwirklichung, in Betracht ziehen, bietet das Konzept des "gewählten Ideals" die nötige Flexibilität. Das Sanskrit-Wort "Ishta" bedeutet "gewähltes Ideal" und bietet die Bandbreite an Ausdrucksmöglichkeiten, die wir brauchen, um das Kontinuum der Bhakti zu durchschreiten - von dem Punkt, an dem wir uns heute befinden, bis hin zu den höchsten Stufen der Hingabe und dem daraus resultierenden Ausströmen der göttlichen Liebe, die aus unserem Inneren kommt und zur Befreiung in allen Aspekten des Lebens führt.

Was verstehen wir unter einem gewählten Ideal? Unsere wohlmeinenden religiösen Institutionen mögen es als Gott oder als Ideal unserer Religion interpretieren: Jesus, Krishna, Buddha, Allah, usw. Das mag so sein, wenn das in unserem Herzen resoniert. Aber unser gewähltes Ideal kann auch andere Formen annehmen.

Es kann eine gezielte Frage sein, wie zum Beispiel: "Wer bin ich und was mache ich hier?" Oder die einfache Frage: "Gibt es mehr als das, was ich jetzt lebe?"

Es kann eine Affirmation sein, wie z.B. "Ich werde die Wahrheit erkennen und die Wahrheit wird mich befreien".

Es kann ein Ideal der Unterscheidung sein, wie zum Beispiel: "Das ist wahr und das ist nicht wahr.

Und so weiter ...

Ein gewähltes Ideal wird von uns gewählt, von niemandem sonst. Es ist ganz persönlich. Es kann eine Mischung aus Idealen sein, wie z.B. die Ikonen und Ideale unserer Religion, gemischt mit Fragen, Affirmation und Unterscheidung. Und wir werden diese Ideale durch unser Leben tragen, auch wenn sich unser Ideal erweitert, während wir die innere Reinigung und Öffnung durchlaufen, die mit dem fortlaufenden Prozess der menschlichen spirituellen Transformation verbunden sind.

Die Persönlichkeit spielt eine Rolle bei der Wahl des Ideals. Wer von Natur aus demonstrativ hingebungsvoll ist, neigt vielleicht zu äußeren Formen der Hingabe wie gottesdienstlichem Verhalten, Singen, spirituellem Tanz usw. Andere, die eher analytisch veranlagt sind, neigen vielleicht zur Innenschau in der Stille, zur Selbstergründung und anderen weniger sichtbaren hingebungsvollen Handlungen.

Unabhängig von der Wahl des Ishta, wird Hingabe involviert sein, wenn wir uns für den von uns gewählten Weg entscheiden. Je mehr wir uns engagieren, desto mehr wird sich das gewählte Ideal mit der Zeit entwickeln und verändern, je mehr wir die Wahrheit erkennen. Je klarer wir sehen, was in uns auftaucht, desto konkreter wird es, und unser Ideal entwickelt sich immer weiter zu fortschrittlicheren Stufen.

Bevor die Öffnungen stattfinden, kann es eine Tendenz zu einer starreren Sichtweise des gewählten Ideals geben. Das ist sicherlich in den meisten Religionen der Fall, wo das Ideal oft für uns und nicht von uns gewählt wird. Und auch im Individuum kann es eine starre Beziehung zu einem gewählten Ideal geben. Das ist der Unterschied zwischen einer Ikone, die eine feste Ansicht darstellt, und der gleichen Ikone, die eine sich ständig erweiternde innere Erfahrung ermöglicht. Spirituelle Praktiken wie Tiefenmeditation und Spinalatmung (Pranayama) lösen die Starrheit, die in unserer Beziehung zu einem gewählten Ideal auftreten kann. Dann kann sich unsere Beziehung zu unserem Ideal allmählich verschieben, je nach Bedarf, wenn sich unser inneres Bewusstsein erweitert und sich mehr innere Stille in den äußeren Ausdruck unseres Lebens hineinbewegt.

In dem Maße, in dem sich die innere Stille ausbreitet, wird sich auch unsere Beziehung zu unserem Ishta durch ein ständiges sanftes Anstoßen von innen heraus ausweiten. Es ist wie mit den Kleidern, die wir tragen, wenn wir erwachsen werden. Je größer wir werden, desto größer wird auch unsere Kleidung. So ist auch unser Ishta unendlich ausbaufähig. Je mehr wir sehen können, desto weiter reicht unsere Vision über die Grenzen hinaus, die wir bisher kannten. Auch wenn wir mit einem Symbol begonnen haben, das wir aus unserer Religion oder von anderswo erhalten haben und das uns von innen her erfüllt, können wir am Ende sehen, dass unser ishta die gesamte Menschheit und darüber hinaus das ganze Universum umfasst. Je größer unser spirituelles Wesen wird, desto mehr werden wir erfüllt, und desto größer wird unser Ishta, auch wenn es immer noch durch dieselbe kleine Ikone auf dem Altar unserer Andacht repräsentiert wird, sei es eine physische Ikone oder ein nicht-physisches Ishta in unserem Herzen. Es kann all das sein.

Unser Ishta muss nicht festgelegt sein. Tatsächlich ist es gut, wenn wir uns die Flexibilität zugestehen, unser Ideal als sich ständig erweiternd zu betrachten, auch wenn es immer noch durch ein relativ festes Objekt oder eine Idee repräsentiert wird. Es ist eine natürliche Entwicklung, die wir auf unserem spirituellen Weg durchlaufen. Die Erweiterung unseres Ishta wird durch ein sanftes Favorisieren unseres gewählten Ideals und durch die Praktiken erreicht, zu denen wir inspiriert werden, und nicht durch eine starre Konzentration auf das Ishta oder die Mittel. Den größten Fortschritt erzielen wir, indem wir favorisieren und loslassen, favorisieren und loslassen.

Hierin liegt ein Paradoxon, und zwar, dass der Weg des Yoga letztlich ein Weg der Freisetzung, des Loslassens ist. Das Handeln im Yoga, ist ein Ent-Handeln. Wenn das Loslassen in den göttlichen Fluss zum Ideal wird, löst sich das Ideal selbst auf. Dann sind wir selbst zum Ideal geworden. Dies ist die Stufe des Verweilens in innerer Stille, ekstatischer Glückseligkeit und des Ausströmens göttlicher Liebe in Einheit. Dies ist die Erleuchtung. Wir erreichen diesen Zustand durch Übungen und ein erfülltes Leben auf lange Sicht, es gibt also viel zu tun, beim Loslassen. Es wurde auch als "aktive Hingabe" bezeichnet.

Hier sind einige allgemeine Schritte, die wir beobachten können, wenn sich unser gewähltes Ideal im Laufe der Zeit durch den Prozess von Bhakti und Yogapraktiken weiterentwickelt:

- Inspiration und Fragen, formen unser Ideal.
- Umleitung unserer Energien der Anziehung und Abneigung.
- Hinzufügen von Praktiken zur Reinigung und Öffnung.
- Ausdehnung der Stille und das Aufkommen von Ekstase.
- Verfeinerung der Wahrnehmung göttlicher Erfahrungen.
- Hingabe an die neurobiologische Transformation (Kundalini).
- Der innere Prozess selbst wird zum Ideal.
- Das Ideal dehnt sich nach außen auf andere aus.
- Dienst tritt als das Ideal hervor, ausströmende göttliche Liebe (aktive Hingabe).
- Alles als Ishta Einheit Stille in Handlung im Feld des Einsseins.

Diese Schritte können sich überschneiden und möglicherweise erleben wir nicht jeden davon auf eindeutige Weise. Die Entwicklung unseres gewählten Ideals ist ein Prozess, der aus unserer inneren Reinigung und Öffnung resultiert, er ist gemäß unserer Natur einzigartig und hängt von unserer Bhakti ab sowie von den Praktiken, die wir durchführen. Dennoch werden die Phasen eines sich entwickelnden Ishta mehr oder weniger den oben genannten entsprechen, beginnend mit der Bildung unseres Ideals um das, was uns inspiriert, bis hin zu immer greifbareren Erfahrungen, die im Laufe der Zeit in uns und um uns herum entstehen und keinen Zweifel daran lassen, dass in uns enorme evolutionäre Kräfte am Werk sind. Wenn wir uns von innen heraus ausdehnen, dehnt sich unser Ideal ebenfalls aus, auch wenn es für uns in jeder Hinsicht realer wird.

Ein Symbol, das uns inspiriert, oder eine einfache Frage wie "Wer bin ich?", mit Gefühl gefragt, kann zu Hingabe an ein hohes spirituelles Ideal, zu vielen Yogapraktiken, zu einem friedlicheren und kreativeren Leben und letztlich zur direkten Wahrnehmung des göttlichen Flusses führen, der sich in uns und um uns herum bewegt. All dies führt dazu, dass wir in allen, denen wir begegnen, das Göttliche sehen, das als unser eigenes Selbst erkannt wird. Dann wird dies zu einem Leben des persönlichen Selbst im heiligen Dienst am göttlichen Selbst. Es ist eine unendliche göttliche Romanze, die in uns und um uns herum stattfindet!

Unser Ishta entwickelt sich von einer einfachen Inspiration und Sehnsucht nach Wahrheit zum vollen Ausdruck der Wahrheit, die im täglichen Leben verwirklicht wird. Das Ideal dehnt sich mit uns weiter aus. Dabei kann es dasselbe Ishta sein, mit dem wir begonnen haben, in einer sich ständig erweiternden Form, die unserer nie endenden inneren Ausdehnung entspricht. Es ist die Reise der Liebe und Sehnsucht von Trennung zu Vereinigung. Durch unsere Entwicklung und die Erweiterung unserer Sichtweise überwinden wir die Fesseln der sich umkreisenden Gegensätze und gelangen zur Einheit der Stille in Handlung. Dann sind unser Ishta und unsere Reise Eins geworden.

Der Guru ist in dir. 

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