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Fortgeschrittene Yogapraktiken
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Lektion 112 - Bhakti: Ganz nah und persönlich

Von: Yogani
Datum: Montag 09.02.2004 - 22:17 Uhr

Neue Besucher: Es wird empfohlen, das Archiv von Anfang an zu lesen, da die vorherigen Lektionen Voraussetzung für diese Lektion sind. Die erste Lektion lautet: "Warum diese Erörterung?"

F: Meine Frage bezieht sich auf Bhakti? Bhakti wird als Liebe zum Göttlichen beschrieben, was Liebe zu den Menschen, der Natur und allen Manifestationen sein kann. Manchmal wird Bhakti als eine bestimmte Praxis angesehen, wie zum Beispiel das Chanten oder das Sitzen und Singen spiritueller Lieder. Bhakti wird so hoch gepriesen, dass ich mich frage, wie man es wirklich praktizieren kann. "Gott" zu lieben ist abstrakt. Du kannst Gottes Qualitäten lieben, wie z.B. bedingungslose Liebe, Führung und Licht, und dich deshalb danach sehnen, in Gottes Gegenwart zu sein und an Gott zu denken, indem du dich mit ihm beschäftigst. Das Wort "Bhakti" ist aber nur ein Wort, was ist es?

A: Eine sehr gute Frage. Die Liebe zu Gott (Bhakti) kann sehr abstrakt sein. Sogar nebulös. Es gibt so viele äußere Formen von Bhakti, so viele wie es Ishtas (ausgewählte Ideale) und Attribute gibt, die wir uns vorstellen können. Unbegrenzt! In den Lektionen gehen wir nicht besonders darauf ein. Das ist das Gebiet der religiösen Traditionen. Für diejenigen, die es lieben, in ihrer Tradition anzubeten, ist das sehr gut. Für diejenigen, die nicht so veranlagt sind, ist das nicht das Ende der Welt. Yoga kann sich mit oder ohne formale Anbetungsformen sehr gut weiterentwickeln. Yoga funktioniert so oder so. 

Die Art von Bhakti, über die wir in den Lektionen sprechen, ist die "nahe und persönliche" Art. Es ist ein nicht-konfessioneller Ansatz. Hier geht es bei Bhakti um dich, dein Nervensystem, deine Sehnsüchte, deine Praktiken und deine Erfahrungen. Wenn wir hier von Bhakti als "Liebe zu Gott" sprechen, meinen wir damit: Was ist unsere höchste Sehnsucht? Was ist das höchste Ideal, das wir für uns anstreben? Vielleicht ist es bisher nur eine Frage, die wir beantworten wollen, wie: "Gibt es mehr als das?" Wenn wir uns diese Frage in unserem Herzen aufrichtig stellen und unsere Gefühle dazu geben, werden wir eine gute Bhakti haben. Echte Bhakti ist sehr persönlich. Es geht um unsere innerste Sehnsucht, etwas mehr in unserem Leben zu werden. Es geht darum, dass wir die Wahrheit erkennen wollen und unsere Emotionen nutzen, um uns darauf zuzubewegen. Es kann so einfach sein wie das bloße Wollen - hungrig mit dem Wunsch zu wissen. Das ist Bhakti. Es kann aber auch eine Beziehung zu unserem gewählten Ideal, unserem ishta, sein. Auch das ist Bhakti. Wie auch immer es geschieht, der Prozess ist derselbe: Die Emotionen werden auf ein Ideal ausgerichtet, das die Energie durch unser Nervensystem bewegt, es reinigt und öffnet.

Wenn die Sehnsucht tief in unserem Herzen stark ausgeprägt ist, geschehen Dinge. Die Antworten kommen. Praktiken kommen zu uns. Dann beginnen wir uns zu öffnen und wollen höher hinaus. Dann gibt es mehr Öffnung, mehr Antworten, mehr Praktiken. So ist es. Bhakti ist wie Magie, die sich nach oben schraubt. Sie korrespondiert mit der Öffnung unseres Nervensystems. Wir haben das Nervensystem das Tor zur Unendlichkeit genannt. Das geht in beide Richtungen. Wir können durch unser Nervensystem ins Unendliche sehen, wenn es gereinigt wird. Und Gott kann durch unser Nervensystem eintreten. Gott kommt als Bhakti in unser Herz. Gott, der Guru und Bhakti in uns sind ein und dasselbe. Es ist das Unendliche, das auf unseren inneren Ruf antwortet und durch die Pforte unseres Nervensystems eintritt.

Vielleicht möchtest du die folgenden vorherigen Lektionen lesen, um mehr über den Ansatz zu erfahren, den wir hier für Bhakti wählen:

#12 - Die wesentliche Zutat - Sehnsucht 
#67 - Bhakti - Die Wissenschaft der Hingabe 
#68 - Die Beziehung zwischen traumatischen Erfahrungen und Bhakti 
#88 - Die Magie von Bhakti 
#109 - Bhakti, Meditation und innere Stille

Die Dynamik von Bhakti zieht sich auch durch viele andere Lektionen. Spirituelle Sehnsucht entsteht ganz natürlich, wenn sich unser Nervensystem öffnet und unsere Praktiken mit unserer wachsenden Sehnsucht verbunden werden. Es ist ein persönlicher Prozess für jeden von uns, und doch ist er in seinen verschiedenen Stadien ganz einfach zu erkennen. Er ist keineswegs abstrakt oder nebulös. 

Die gerichtete Sehnsucht ist die wesentliche Zutat aller spirituellen Praktiken. Allerdings nicht bei der eigentlichen Ausführung der Praktiken. Die Vorgehensweise bei jeder Praxis richtet sich nach ihrer jeweiligen Form, sei es Meditation, Pranayama, Bandhas, Mudras, Asanas usw. Es ist die Bhakti, die uns in unseren Meditationsraum bringt. Dann favorisieren wir leichtgängig die jeweilige fortgeschrittene Yogapraktik, die wir gerade machen. Die Praktiken sind so angelegt, dass sie unser Nervensystem jeden Tag, jeden Monat und jedes Jahr gleichmäßig öffnen. Wir führen sie also genau nach den in den Lektionen besprochenen Abläufen durch. Dann wird unser Nervensystem ständig gereinigt und geöffnet, unsere Sehnsucht nach Wahrheit und Erleuchtung wächst und wir sehnen uns immer danach, die nächste Stufe der Übungen zu erreichen. Und so geht es immer weiter aufwärts.

Der Guru ist in dir.

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